Homicide Map – mörderisches Mashup
Google Maps erfreut sich außerordentlicher Beliebtheit im Internet. Nicht nur, dass sich voyeuristische Triebe befriedigen lassen, sondern auch die Verknüpfung beliebiger Daten mit den Google Landkarten wird ermöglicht. Hierbei handelt es sich um sog. Mashups – ein Feature, das ursprünglich von Google eingeführt wurde, um neue Werbekunden zu gewinnen, die über Google Maps ihre Geschäftsadresse verlinken können.
Eine andere Form der Anwendung ist auf der Internetseite der Los Angeles Times zu bestaunen. Dort werden aktuell alle Tatorte des Jahres 2007, an denen es zu Gewaltdelikten mit Todesfolge kam, auf einer Landkarte abgetragen (derzeit 515 registrierte Vorfälle). Dieser sog. Homicide Report lässt eine Eingrenzung der Darstellung nach vielfältigen Kriterien zu (Alter, Ethnie, Geschlecht der Opfer usw.).
Diese statistische Aufbereitung von tat-, täter- und opferspezifischen Daten erinnert stark an das sog. Compstat-System (von: Computer Statistics) der New Yorker Polizei, das Anfang der 90er Jahre im Zuge des Zero-Tolerance-Policings eingeführt wurde.
„Die von der Polizei […] gewonnenen Daten werden seit 1994 im Compstat-System erfasst. Die riesige Datenbank, laut New York Times ‚wahrscheinlich das mächtigste Kontrollinstrument, das je für die Polizei erfunden worden ist‘, wird in kurzen Abständen regelmäßig u.a. nach der Kriminalitätsentwicklung in den einzelnen Bezirken der Stadt ausgewertet. Die Führungsetagen des Polizeipräsidiums und der Reviere wurden nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten umgekrempelt, die precinct-Kommandeure sind für die Effizienz ihrer Leute verantwortlich und werden regelmäßig zum Rapport bestellt, wo die Kriminalitätsstatistiken auf der Tagesordnung stehen. Safir weiß stolz zu berichten, daß er seit Amtsantritt 54 der 76 Bezirkschefs, die nicht effektiv arbeiteten, gefeuert oder versetzt hat.“
(Quelle: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/kombo/k_33nym2.htm)
Der Unterschied zwischem dem Compstat-System der New Yorker Polizei und dem Homicide Report der Los Angeles Times ist freilich, dass die Daten aus Los Angeles jedermann weltweit verfügbar sind – einschließlich des vollständigen Namens der Opfer, in vielen Fällen sogar ein Bild der Personen.
Neben der Missachtung der Persönlichkeitsrechten der Opfer mutet es auch problematisch an, dass durch die Darstellung der Los Angeles Times scheinbar simple kriminalpolitische Erklärungsmodelle geliefert werden. Der erste Blick auf die Homicide Map verrät, dass unterschiedliche Stadtteile eine unterschiedliche Kriminalitätsbelastung aufweisen. Auch die Verteilung der Opfer nach Ethnie und Geschlecht ist alles andere als gleichverteilt – so ist die überwiegende Zahl der Opfer männlich, zwischen 20 und 29 Jahre alt und der Ethnie der Hispanics und der Afroamerikaner zuzurechnen.
Ich sehe hier ganz klar die Gefahr, dass einem sicherheitspolitischen Diskurs Vorschub geleistet wird, der die Segregation der stärker kriminalitätsbelasteten Stadtteile zur Folge hat und zur Ausgrenzung der betroffenen Minderheiten führt. Anstatt voreiligen Urteilen Argumentationsstoff zu liefern, wäre eine tiefergehende Ursachenforschung nach den „root causes of crime“ wünschenswert.
Das Mashup, das diese effektvoll abbilden kann, muss allerdings erst noch programmiert werden.

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